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The Wellerman 2

boat on body of water during day time

Und so geht’s weiter, nachdem der Wal gesichtet wird, entsteht eine geradezu groteske Moby-Dick-Situation in der ein Fängerboot nach dem anderen verloren geht ohne dass der Wal erlegt wird. Der frustrierte Käptn wird zum ewigen Käptn Ahab die Billy o’Tea wird zum Fliegenden Holländer, dessen Jagd auf den wehrhaften Wal nie endet und statt dessen immer darauf wartet, dass die „Wellerman“ bald kommt und die Versorgung mit Tee und Rum übernimmt. Siehe den Refrain:

Soon may the Wellerman come,
to bring us sugar and tea and rum.
One day, when the tonguing’ is done,
We’ll take our leave and go.

Der Refrain ist fatalistisch. Man werde erst von Bord gehen, wenn man den Wal gefangen und zerlegt habe. Da dies aber nie geschehen wird, bleibt die Besatzung also isoliert an Bord und kann sich nur mit Tee und Rum von Wellerman betäuben.

Das Lied wurde erstmals 1973 im Buch „New Zealand Folksongs: Songs of a Young Country“ veröffentlicht. Den/die Dichter/in oder Komponist/in kennen wir nicht. Es muss aber jemand gewesen sein, in dessen Familie Fisch- oder Walfang zumindest noch in Erzählungen eine Rolle gespielt hat. In der Tat mag Herman Melvilles weltberühmte Geschichte „Moby Dick“ Pate gestanden haben. „Soon may the wellerman come“ ist ein Call and responce Lied. D.h. ein Vorsänger gibt die Melodie und den Text vor, mehrere Nachsänger antworten darauf oder wiederholen Text und Melodie der vorangegangenen Phrase. Call and responce ist eine Art und Weise zu singen, wie sie im Mittelmeer oder afrikanischen Raum üblich ist. Möglicherweise haben englische Seeleute das übernommen und damit im ganzen angelsächsischen Raum verbreitet.

Das Lied hat einen historischen Hintergrund: Die Geschichte des Walfangs in Neuseeland umfasst den Zeitraum vom späten 18. Jahrhundert bis 1965. 1831 gründeten die englischstämmigen Brüder Edward, George und Joseph Weller eine Walfangstation in Ōtākou/Otago in der Nähe des heutigen Dunedin auf der Südinsel Neuseelands. Ab 1833 verkauften die Gebrüder Weller von ihrer Station in Otakou/Otago Proviant an Walfänger in Neuseeland. Ihre Angestellten wurden als Wellermen bekannt.

Die Weller-Brüder selbst heirateten einheimische Maori-Frauen aus Häuptlingsfamilien und wurden so wohlhabende Großgrundbesitzer und Händler. Sie versuchten sich dann in Landspekulationen in New South Wales in Australien und machten 1841 bankrott. Die Wellers verschwanden still und leise aus der neuseeländischen Geschichte, während Billy o’Tea immer noch durch die Weltmeere schippert. Sogar in Schriesheims Goldfischteichen und Gesangsvereinen.

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