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Heilig Heimatland – Teil 5

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Nach acht Monaten in einem Internierungslager wurde es den Frankes gestattet, sich in Basel anzusiedeln, wo Walther Franke-Ruta, einer der ersten Radiodramaturgen deutscher Sprache, bis zu seinem Tode 1958 bei Radio Basel arbeitete. Walter-Ruta produzierte Hörspiele u.a. auch für ARD und WDR. Sein Sohn Peter Ruta wurde ein bekannter Maler und starb 2016, mit 98 Jahren in New York City. Die heute noch lebende Familie Franke-Ruta stammt von Frankes zweitem Sohn Michael ab und widmet sich heute noch künstlerischen Projekten. Die Töchter der enteigneten Kirsteins bekamen im Jahr 2000 von Deutschland Teile des enteigneten Kunstbesitzes ihrer Eltern zurück.

Walter Franke-Ruta hat in seinem Spätwerk nie die Schrecknisse des Zweiten Weltkrieges und des Holocausts thematisiert. Nun gut, für einen Humoristen sind diese Themen auch das falsche Sujet. Es macht mich aber betroffen, dass er in seinen Erinnerungen „Wie es kam“ immer noch versucht, ironisch-distanziert mit den Diskriminierungen der Juden in Deutschland vor und nach 1933 umzugehen und ebenso ironisch die mörderische Entwicklung der deutschen Gesellschaft beschreibt. Das ist eigentlich völlig unbegreiflich. Es sei denn, der Kummer war so tief und so groß, dass Franke-Ruta anders nicht damit hätte umgehen können. Möglicherweise hätte eine direkte und schonungslose Analyse alles fortgerissen, auch ihn selbst.

Es bleibt die Frage, ob Franke-Ruta sich und seinen Nachkommen damit einen Gefallen getan hat. Ob nicht die deutsche Schweigespirale ab 1945 – unbeabsichtigt – unterstützt wurde. Vielleicht ist das Lied „Heilig Heimatland“ auch in diesem Sinne zu sehen. Vielleicht ist es auch das Gedicht eines total heimwehkranken Mannes, der eben nach 1945 nicht wieder nach Leipzig zurückkonnte. Nazis hüben wie drüben. Daher die Flucht in die sprachliche Romantik des Wandervogels?

Der Wald (immer wieder betont: „Deine(!) Wälder“) ist ein Sinnbild der deutschen Romantik. Eine Verklärung „großartiger“, ursprünglicher „guter, alter“ Zeiten. Schon immer haben sich deutsche Dichter/innen gewünscht und geträumt anderswo zu sein, nur nicht in ihrer Zeit und an den Orten, an denen sie leben. Franke-Ruta scheint da keine Ausnahme zu sein. „Wir kommen und wir gehen“ hat pietistische Anklänge, was zählt schon ein Menschenleben auf dieser Erde, scheint es doch nur ein Übergang, eine Art Trittleiter für nachfolgende Generationen zu sein. „Was wir wirken, ist gering“ geht in dieselbe Richtung. Hat Franke-Ruta das wirklich 1940/1942 gedacht?

Nächste Woche geht’s weiter…

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