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Heilig Heimatland – Teil 6

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Der wortwitzige und anzügliche Kabarettist, der Frauenliebhaber, Bon vivant, doppelbödiger Künstler, der schnelle Autofahrer, Italienliebhaber – war er das oder letztendlich doch nur die geschlagene, winzige Gestalt, die in diesen Äußerungen seiner Dichtkunst hervorkommt? „In Deinen stolzen Söhnen werden wir Dir auferstehn“ – dachte Franke-Ruta da an seine Söhne, die gegen den Faschismus kämpften? War es sein Wunsch, dass sie zurückkehren und ein „anderes Deutschland“ aufbauten? Die jungen Franke-Rutas und Kirsteins wurden aber rasch US-Amerikaner, so Peter Ruta, die Army-Zeit habe da viel dazu beigetragen.

Welches „Lied wird ewig tönen“? Das irrlichternde, irrationale, träumerische Lied der Romantik, das Lied des politischen Verschweigens, das Lied der schamhaften Verdrängung? So schreibt jemand, der aus der Wandervogel-Bewegung kam. Die Nazis haben diese Sprache allzu gerne kopiert und adaptiert und damit allzu gerne getarnt, was sie wirklich wollten und dachten. Und dann der Refrain „Heilig Heimatland“, dreimal wiederholt, so wie eine Beschwörungsformel. Wie immer wir das Lied lesen, es bleibt Fremdheit, Unsicherheit, Irritierung. Es kann gedreht und gewendet werden, missinterpretiert, falsch benutzt. Möglicherweise genau deshalb war es hoch populär bei all den Kreisen und Bevölkerungsschichten, die auch nach 1945 im Dritten Reich immer noch etwas Positives fanden. Auch in Schriesheim! Und seien es „nur“ die Autobahnen. „Heilig Heimatland“ – das klingt für uns Heutige nach Hitlerjugend, „Ordensburg“, Wehrmacht, Opfergang und „Heldentod“! Ich bin mir ziemlich sicher, dass niemand dieser Leute die Hintergründe des Dichters kennt. Und die herzzerreißenden Hintergründe und Schicksale seiner angeheirateten jüdischen Familie. Es ist eine Tragödie bis heute, dass so talentierte Menschen exiliert, verfemt, umgebracht oder in den Tod getrieben wurden. Und dass wir – erst wieder 77 Jahre nach dem Ende des Holocausts und des Zweiten Weltkriegs – in Schriesheim über dieses Lied und seinen Dichter etwas erfahren und seine Fehlinterpretationen endlich mal richtigstellen.

Ende der Serie.

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