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Das Frauenbild im deutschen Volkslied – IV

a woman looking at the mirror

Reaktionärer Kitsch oder unabdingbare Grundlage des modernen, bürgerlichen Individuums?

Eine recht typische Geschichte mit Ursprüngen aus dieser Zeit, die ebenfalls Monarch, Hof, Schranzen und Entourage richtig dumm dastehen lässt. Der Adel wurde seit der Zeit Ludwigs XIV politisch kaltgestellt. Er stellte hohe Offiziere und auch Beamte. Aber seine eigentliche Aufgabe war Hof-Staat und Hof-Narr des Monarchen zu sein. Sich darum zu balgen, beim „Lever“ dem Monarchen näher sein zu dürfen oder ihm sein Spitzentaschentüchelein zu halten. Anstatt den Monarchen zu stürzen oder zu ermorden – wie ehedem. Intrigen dienten dazu, die eigenen Nichten, Töchter oder gar Ehefrauen ins Bett des Monarchen zu bringen. Menschen, die zwar zur eigenen Familie gehörten, aber nicht zu einem selbst, menschlich gesehen. Die Distanz zueinander war grenzenlos. Zugegeben, schon vor Ludwig XIV wurden viele Adlige fernab der eigenen Eltern erzogen.

Aber seit Ludwig XIV wurde dem Adel vorgeschrieben, dass die Kinder nicht von den eigenen Eltern erzogen werden dürften. Romane und Lieder dieser Zeit – Auftragsarbeiten des königlichen Zeitgeistes – gaben selbst erziehende Eltern der Lächerlichkeit preis. Adlige Kinder wurden der Amme übergeben (viele Kinder starben), später in Internate oder bei Mädchen in Klöster hermetisch eingesperrt, geschlagen und „auf Linie gebracht“ und erst im Alter ab 13 (Mädchen) und 15 (Jungen) Jahren wieder herausgelassen, um dann als beziehungsunfähige „Seelenkrüppel“ mit Unbekannten verheiratet zu werden. Wer das nicht glaubt, soll nur mal exemplarisch die Memoiren des ehemaligen französischen Bischofs, Revolutionärs und Außenministers Talleyrand lesen. Heiraten dienten Intrigen, finanziellen oder politischen Absicherungen und Allianzen. Gefühle für „die eine“ oder „den einen“ gab es in der Regel nicht. Die „Gefährlichen Liebschaften“ eines Choderlos de Laclos dokumentieren das schonungslos.

Den Selbsthass des Valmont als er erkennt, dass er Madame de Tourvel liebt. Der Wunsch, möglichst viele Frauen und/oder Männer „zu besitzen“, aber ohne jedes Gefühl, lässt eine ganze Buchindustrie, den Porno des 18. Jahrhunderts entstehen. Nutzen, benutzen, ausnutzen. Noch mehr, immer mehr, noch weiter. Phantastische Geschichten werden erzählt. Eine adlige Dame berichtet in ihren offiziellen Memoiren, dass sie in 20 Jahren 4.959 „galante Begegnungen“ gehabt habe, maliziös aufgelistet und selbstverständlich keine Grenzüberschreitung dieser Zeit dabei auslassend: Inzest, katholischer Klerus, Juden, Schwarze, Ausländer, Domestiken.

…weiter in der nächsten Woche.

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