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Laudatio für Frank Ewald

25 Jahre Frank Ewald. Was für ein Titel, was für eine Zeitspanne, was für eine Zeit. Wie geht „man“ gemeinhin an so eine Lobrede heran? Wie schildert „man“ so etwas? Es gibt die Möglichkeit, so eine Art Stammrolle zu verlesen, wie bei der Bundeswehr. Eingetreten dann und dann, belobigt, befördert dann und dann, Orden hier, Tadel da, ausgeschieden dann und dann, Punkt. Das wäre sicherlich alles korrekt, aber so langweilig, dass Sie mglw. einschlafen würden und am Ende genauso schlau wie zu Beginn wären, nämlich  nichts über diesen Menschen erfahren. Das wäre so, wie wir früher in der Schule Geschichte gelernt haben. 3-3-3, bei Issos Keilerei. Solche Merksätze halfen den meisten von uns. Nur haben wir dennoch vergessen, um welchen Krieg und welchen Kaiser und vor allem um welche Menschen es eigentlich ging.

Wir von der Lyra haben mit Frank in der Tat viele Wettbewerbe und auch Konzerte erfolgreich bestritten. Jedes Einzelne könnte ich jetzt aufführen. Gestatten Sie mir aber eine andere Betrachtung.

Von 25 Jahren Frank Ewald bei der Lyra kann ich ca. 22,5 Jahre überblicken. Seitdem singe ich bei der Lyra. Außer Ludwig Reinhard, der in diesem Zeitraum Frank ab und an vertreten hat, kenne ich sonst keinen Dirigenten des Chors. 

In diesen 22,5 Jahren hatte ich immer den direkten Blick auf Frank. Ich stehe bzw. sitze nämlich direkt rechts von ihm. Er sieht mich, wenn er den Kopf wendet, ich sehe ihn immer. Ich singe ihm so zu sagen direkt ins Ohr. Ob das für ihn immer so vergnüglich ist, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall bekomme ich immer seine Reaktion mit.

Frank kann sich nämlich nicht verstellen. Wenn ihm etwas nicht gefällt, sei es Intonation, Rhythmus, Tonwert, Tonhöhe oder Lautstärke, dann verzieht sich sein Gesicht. Du darfst nicht dem Fehler verfallen, alles auf Dich zu beziehen. Wenn Du es warst, der mit dem Fehler also, sieht er Dich an. Dann weißt Du, was es geschlagen hat. Es passiert nichts Schlimmes. Es tut sich da keine Falltür auf. Frank signalisiert nur, ich habe Dich gehört und es war nicht so gut.

Das muss ein guter Dirigent auch. Es darf ihm nicht egal sein. Und Frank ist definitiv nichts egal. Sie müssen sich das mal vorstellen, 30, 40 Leute in einem Saal, auf einer Bühne, stellen Sie sich mal vor, alle würden wie bei einer Cocktailparty durcheinanderreden. Sie, ich, wir, wir würden nichts verstehen. Da wäre keine Harmonie. Und jetzt, die 30,40 Leute auf der Bühne, alle singen vielleicht zeitversetzt, aber im Prinzip gleichzeitig. Für Außenstehende eine totale Verwirrung, ein Durcheinander von Einsätzen und Atempausen, Betonungen, leiser und größerer Lautstärke, und dieser Mann hört alles.

Und weil er alles hört, und folglich ordnet, damit kann Harmonie entstehen. Frank Ewald ist zu Recht Chordirektor, nicht etwa ausschließlich, weil er durch seine Dienstzeit und seine Aus- und Fortbildungen diesen Titel tragen darf, sondern weil ihm die Musik alles bedeutet. Er kennt jede Note aller vier Stimmen eines Liedes. Wir als Sänger sollen zumindest die Noten unserer Stimme kennen. Also in der Theorie. Die Praxis sieht manchmal anders aus. Deshalb betont Frank auch immer: „Erst durch das Auswendiglernen könnt Ihr Musik machen. Es heißt Singstunde, nicht Lesestunde.“ Und er sagt auch: „Schöner singen, nicht sprechen, mehr legato.“ Die Bedeutung, die Musik für ihn hat und für uns haben könnte will er uns vermitteln. Mal gelingt es ihm besser, mal schlechter. Das kann auch mal stressig sein, deshalb geht es bei einer Singstunde auch nicht wie bei einem Gesprächskreis zu. „Wie fühlen wir uns heute“ wäre sehr sehr unpassend. Fürs Singen und Dirigieren braucht es Energie, und die muss sich auch Luft machen dürfen. Ein Dirigent darf nur dann zufrieden sein, wenn die Dinge sehr gut klappen. Frank lobt, er tadelt aber auch. Für Zartbesaitete ist das nix, für Leute, die etwas lernen wollen, klare Ansagen für sich nutzen können und damit ihre Grenzen verschieben, für die passt das auf jeden Fall.

Seine Körpersprache ist ebenfalls bemerkenswert. Es gibt Dirigenten, bei denen weiß jeder Sänger, wann das Lied beginnt und wann es endet. Die Handbewegungen sind bekannt. Im Lied selbst weiß der Sänger dann, nun ja, jetzt ist für den da vorne erstmal Pause, vielleicht macht er Yoga oder schmiert sich in Gedanken ein Butterbrot. Bei Frank bedeutet „Abwinken“ und „Einsätze geben“ Schwerstarbeit und volles Engagement. „Guckt raus“ ist seine vordringliche Mahnung an uns. Und das stimmt. Er steht unter Spannung, der körperlichen und der Musik. Und wenn wir seinen Winken folgen, wird es insgesamt besser. Ein Dirigent wedelt nicht zum Spaß, er ist der Regisseur der Einsätze, so dass Musik ablaufen kann wie eine Abfolge von oft geübten Ballettschritten. Je einfacher es aussieht oder sich anhört, desto mehr Arbeit und Aufmerksamkeit steht dahinter.

Noch was zum Loben oder Tadeln. Es gibt Lehrer aller Art, die reagieren sich ab. Weil sie es können und weil sie die Macht dazu haben. Jeder von uns kennt solche Leute. Schon allein aus der Schulzeit. Frank macht aus seinem Herzen auch keine Mördergrube. Allerdings glaube ich, dass er vor allem die höchsten Ansprüche an sich selbst hat. „Es ist zum Verzweifeln“ hat er mal gesagt. Ja, das mag so gewesen sein, aber eigentlich zweifelt er dann an sich selbst. Und das macht einen Lehrer menschlich. Was haben wir von ihm gelernt: Nicht alles kann gelingen, aber wir sollten uns unablässig bemühen.

Das ist alte Schule, weniger der aktuelle Zeitgeist. Und es ist klar, dass die Lyra auch deshalb weiter bestehen wird. Weil unser musikalischer Leiter Leistung abverlangt und die Sänger irgendwann auch merken, wie sich ihre eigenen Grenzen erweitern. Und dass das dann auch Spass macht. Frank ist zu Recht der dienstälteste Chorleiter der Lyra-Geschichte. 25 Jahre, so lange hat keiner seiner Vorgänger, weder sein Förderer Alfons Burkhardt noch der berühmte Albert Klosa die musikalische Verantwortung für den Chor getragen. Wir hoffen, dass unsere Zusammenarbeit noch lange und erfolgreich weiter geht. Mit dem heutigen Konzert wollen Lyra und Söhne Schriesheims so wie alle musikalischen Gäste ihr Bestes geben, Dir zu Ehren, lieber Frank. Wir danken Dir für Dein grosses Engagement mit einer speziellen Ehrenurkunde und „Schriesheimer Edelwasser“. Lieber Frank, herzlichen Dank, bleib wie Du bist. Danke Dir!

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