Ich habe Im Juli schon einmal über dieses Lied geschrieben. Sie finden viele Versionen zu Wana Baraka auf Youtube. Von reinen Frauen-, gemischten und auch Männerchören. Überall auf der Welt. Es ist sehr beliebt bei Flashmobs. Flashmobs sehen einfach aus. Man stellt sich hin und singt. Wer da aber mitsingen will, muss schon singen können. Und vor allem alles andere ausschalten, was das Singen stört. Die Hintergrundgeräusche aller Art von kreischenden Straßenbahnen bis hin zu nörgelnden Kleinkindern und unaufmerksamen Erwachsenen, die starrenden Menschen usw. usw.. Das Aufeinander-Hören und Aufeinander-Verlassen-Können in einem Chor ist sehr wichtig. Dann entsteht auch Chorklang und wir können alles andere ausblenden, uns nicht davon beeinflussen und irritieren lassen. Da ist Konzentration und Disziplin gefragt. Der Lohn ist aber der begeisterte Applaus der Zuseher- und -hörer/innen. Und das Bewußtsein, wir haben es wieder mal gerockt. Es kam etwas an. Und auch die Demut, dass es geklappt hat, was nicht selbstverständlich ist. Daher paßt auch dieses Lied. „Wana baraka, wale waombao“ – Die, die beten, seien gesegnet; „Yesu mwenyewe alisema. Alleluia.“ – Jesus hat davon gesprochen, Halleluja; „Wana amani“ – sie haben den Frieden; „Wana furaha“ – sie haben Lebensfreude/Lebenslust; „Wana uzima“ – sie empfinden Wohlbefinden.
Ich weiß, ich weiß, schon wieder ein religiöses Lied, und „das ist sooooo uncool, gib Faust Bro/Digger/Alder“. Nun ja, ich singe ja nicht seit 1945 in Schriesheim, aber ich müßte komplett falsch liegen, wenn die Lyra nicht der erste Chor in Schriesheim gewesen wäre, der in einer AFRIKANISCHEN Sprache, in diesem Falle Kisuaheli gesungen hat. Wir singen (religiöse) Lieder in allen möglichen Sprachen nicht, weil wir uns politisch korrekt fühlen oder uns für besser erachten möchten, „sondern weil wir zur menschlichen Spezies gehören“ (Zitat aus: Der Club der toten Dichter). Wir
singen und lernen diese Dinge, um uns jede Woche davon zu überzeugen, dass die Welt nicht an den Grenzen Schriesheims aufhört, sondern dass sie groß ist und viel Überraschendes bietet. Und auch uns selbst überrascht, was wir alles lernen können. Wir haben nichts gegen Tradition und wir werden „Aus der Traube in die Tonne“ auch noch weitere tausend Mal singen, und das mit Genuss, nicht mit (Selbst-)Verachtung. Aber „Wana baraka“ ist auch ein Beispiel dafür, dass wir uns nicht einsperren lassen möchten. Nicht in Vorurteilen, nicht in Sprachen, die wir nur zu sprechen hätten, noch in Gedanken, die wir zu denken hätten. Im Gegenteil, wir öffnen die Fenster und lassen Fremdes herein aber auch unser Können heraus. Vor Neuem müssen wir keine Angst haben und folglich andere auch vor uns nicht. Und den Segen, die Lebensfreude und den Frieden, den kassieren wir obendrein.
Bis nächste Woche am Donnerstag um 18.45 Uhr.
Ingo Kuntermann