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Was hörst Du eigentlich – Teil 2

girl and dog sleeping on gray pavement

„Nehm’ meine Träume für bare Münze, Schwelge in Phantasien. Hab’ mich in dir gefangen, Weiß nicht wie mir geschieht.Wärm’ mich an deiner Stimme, Leg’ mich zur Ruhe in deinen Arm. Halt mich, nur ein bisschen, Bis ich schlafen kann“ Diese Zeilen von „Altmeister“ Herbert Grönemeyer mit dem Titel „Halt mich“ zeigen das Dilemma des Volksliedes auf. Man mag vom Interpreten und seinen gesellschaftlichen Scharaden halten, was man will. Mein Busenfreund wird er nicht. Aber unzweifelhaft hat er alleine schon durch seine Texte einen kraftvollen Ausdruck, den das Volkslied vermissen läßt. Wie schon früher ausgeführt, hat das Volkslied des 19.

Jahrhunderts Stellung bezogen, gegen den Adel, für „die eine“ Frau, für Freiheit, Selbstbestimmung aber auch religiöse Besinnung und Verortung.

Themen, die das Schicksal des/der Einzelnen ansprachen, aber vielmehr kollektive, gemeinschaftliche Themen ansprach. „Am Brunnen vor dem Tore“ beschwört die Sichtweise des Einzelnen, aufgeführt durch den Chor der Vielen wird damit eine kollektive Haltung ausgedrückt. Seitdem die traditionellen Milieus schwinden, insbesondere ihre integrative Kraft, sind die Einzelnen auf der Suche nach sich selbst, auch in der Kunst. Und Herbert Grönemeyer kann dies ben ausdrücken. „Fühl’ mich bei dir geborgen, Setz’ mein Herz auf dich. Will jeden Moment genießen, Dauer ewiglich. Bei dir ist gut anlehnen, Glück im Überfluss. Dir willenlos ergeben, Find’ ich bei dir Trost. “ Die Gedanken, die er formuliert sind textlich gar nicht so weit weg von „Näher mein Gott zu Dir, näher zu Dir.“ Aber sie drücken etwas ganz anderes aus. Die Geborgenheit wird nicht in Gottes Schoß gefunden, sondern in den Armen einer anderen, mglw. mehrerer, aufeinander folgender Anderen. Das wird nicht klar. „Bin vor Freude außer mir,Will langsam mit dir untergehen. Kopflos, sorglos, schwerelos in dir verlieren,Deck mich zu mit Zärtlichkeiten. Nimm mich im Sturm, die Nacht ist kurz, Friedvoll, liebestoll, überwältigt von dir. Schön, dass es dich gibt.“ Das Volkslied ist musikalisch – nicht textlich – oftmals sehr anspruchsvoll, es soll damit die Tiefe des Gefühls ausdrücken. Im modernen Lied stehen die Texte, die Ich-Identifikation der/des Suchenden im Vordergrund. Wie wir es auch drehen, die Grönemeyers unserer Zeit legen die Standards fest. Diese Musik wird von Millionen gehört, weil sie das Lebensgefühl von Millionen ausdrückt. Das können wir bedauern oder auch nicht. Diese Musik ist die Gegenwart. Das Volkslied eine schöne, idealisierte Vergangenheit. Das Volkslied und seine Chöre werden nur dann überleben, wenn sich die Chöre der modernen Chorliteratur nicht verschließen. Das ist Fakt. Alles andere wäre gelogen.

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