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Salley Gardens

photo of the stonehenge historical landmark in england

Beim Lyra-Konzert 2018 führten die Vorläufer der „Söhne Schriesheims“ – die Gruppe „U55“ dieses Lied „Salley Gardens“ auf, das auf ein Poem des irischen Dichters und Literatur-Nobelpreisträgers William Butler Yeats (1865–1939) zurückgeht. 

Wenn Sie oben den Artikel der Lyra lesen, bei dem es um den englischen Komponisten Edward Elgar (1957–1934) geht, so sehen Sie, dass Yeats und Elgar Zeitgenossen waren, ja sogar gemeinsame Untertanen der britischen Königin Viktoria und ihrer Nachkommen Edward VII., George V., Edward VIII. und George VI. Während Elgar das Imperiale im „Land of Hope and Glory“ betont und damit die Krönung Edwards VII. hofiert, ist Yeats zwar ein britischer Staatsbürger und zugleich ein antiroyaler, irischer Nationalist, der die so genannte „irische Renaissance“ unterstützt, eine stolze Wiedererinnerung an die irische Kultur und Sprache, die ja jahrhundertelang durch die Engländer unterdrückt worden war. Gleichwohl schreibt Yeats in Englisch. In Yeats reifte die Überzeugung, irische Kultur – besonders Literatur– müsse den politischen Kampf nach irischer Unabhängigkeit oder wenigstens Selbstverwaltung („Home Rule“ unterstützen. In romantischen Stimmungsbildern schilderte er die alten irischen Kelten und ihre Mythen, wie er sie sah. Seine Werke dieser Zeit sind gekennzeichnet von verträumter Atmosphäre und irischer Folklore, dazu gehört auch „Salley Gardens“. 

Während in seinem lyrischen Frühwerk die starke Anziehung zu spüren ist, die das „Geisterlicht der keltischen Dämmerung“ auf ihn ausübte und seinen Gedichten zunächst eine wirklichkeitsferne Stimmung von romantischer Trauer und heldischer Größe verlieh, überwindet er in seinem weiteren Werk diese „spätromantische Rhetorik der Sehnsucht“. Yeats unterlegt vor allem in späten Jahren seine Dichtung mit einem System der Welt- und Geschichtsdeutung, in dem okkulte und mystische Lehren zu einer persönlichen Weltanschauung verschmelzen. In den 1930er Jahren – wohl unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise 1929, der totalen irischen Armut nach der Unabhängigkeit vom britischen Weltreich und dem Aufkommen von Kommunismus und Nationalsozialismus – publiziert Yeats seine Überzeugung, dass der zweitausendjährige Zyklus, der mit Christus begann und in der Kultur von Byzanz um 1000 n. Chr. seinen Höhepunkt fand, in der gegenwärtigen Zeit apokalyptisch(!) zu Ende ginge. In Yeats Dramatik findet der Widerstand gegen das moderne Chaos seinen Ausdruck in der Rückkehr des Poetischen, Heroischen, Feierlichen oder Einfachen. Aus seiner Sicht verkleinern nämlich der Naturalismus und der bürgerliche Realismus den Menschen und seine Möglichkeiten. Nächste Woche gehts weiter.

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