Am 05.11.2025 starb, gerade mal 16 Tage nach seinem 81. Geburtstag am 20.10., unser früher aktiver Sänger im 1. Bass, langjähriger Schatzmeister und Ehrenschatzmeister der Lyra
Karl-Heinz Reinhard.
Er wurde – von allen, die seinen Spitznamen kannten – einfach Gig genannt.
Karl-Heinz trat mit 15 Jahren zum 01.01.1960 in die Lyra ein und sang auch bis zur Auflösung 1964 im „Lyra-Quartett“ mit. Das war sicherlich eine große Zeit für ihn. Das Lyra-Quartett, das waren damals die „Jungen“ in der Lyra. Väter dieser jungen Lyraner waren im Krieg gefallen, andere Väter kamen an Körper und Geist schwer beschädigt nach Hause. Es wurde sicherlich wenig darüber geredet. Nichts erklärt. Das war sicherlich auch für Karl-Heinz eine unsichere Zeit. An wen wende ich mich als Vorbild? Wo will ich dazugehören, wo darf ich dazugehören? Die Lyra, das Quartett und der Pfarrer als Präses boten dann also Heimat, Ansprache in der Jugendgruppe und ein positives Vatervorbild. Das war sicherlich für ihn wichtig, ja sogar fundamental, anders kann diese lange Zugehörigkeit, fast 66 Jahre, nicht erklärt werden. Damals als der Gig dazukam, war das deutsche Wirtschaftswunder in voller Blüte. Noch immer hatten viele Leute nicht viel Geld, aber auch in Schriesheim merkte man, dass es mit dem Erarbeiteten, Kredit und harter Arbeit selbst am Bau gelingen würde, ein eigenes Haus zu bekommen, etwas aus sich zu machen. Und die Jungen kamen mit Lyra und dem Quartett auch mal rum, sahen andere Orte und neue Leute. Damals wurde noch kein Englisch gesungen, woher auch, Englisch stand nicht auf dem Stundenplan, und wenn doch, dann nur für die, die eine Zwei in Deutsch hatten, wie mir ein Mitsänger aus dem 2. Bass verraten hat.
Ich weiß nicht, ob Karl-Heinz ein guter Schüler in Deutsch war, aber mit Zahlen kannte er sich bestimmt gut aus.
Denn von 1975 bis 2008 war Karl-Heinz als Schatzmeister 33 Jahre Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der Lyra. Gleich in den ersten Jahren meiner Zugehörigkeit zur Lyra wurde ich Kassenprüfer, musste also seine Berichte und Konten prüfen. Natürlich stimmte alles. Karl-Heinz war kein Freund eines Personal Computers. Er führte damals, ganz klassisch Kontenbücher. Mit sehr guter Schrift, alles war sofort lesbar und erkennbar. Zu jedem Beleg gab es notfalls schriftliche Notizen und Erläuterungen. Akkuratesse ist ein Wort, was mir sofort in den Sinn kommt, wenn ich an Karl-Heinz denke. Er saß auch bei der Lyra-Klause immer an der Kasse. Er war sozusagen das Aushängeschild, der Erste, den jemand sah, wenn er im Hof beim Bäcker Höfer die Lyra beim Straßenfest besuchte.
Karl-Heinz redete gerne viel im Kreise des früheren Quartetts. Klar, die kannten ihn auch seitdem er ein Junge war. Unsere eigenen persönlichen Begegnungen waren immer freundlich und wenn es gelang, ihn zu einem Thema zu befragen, das ihm am Herzen lag, so z.B. die Gesangsreisen der Lyra, da konnte der Karl-Heinz richtig redselig werden.
Für seine Verdienste um die Lyra wurde Karl-Heinz direkt nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand zum Ehrenschatzmeister ernannt. Meines Wissens ist er der erste Schatzmeister, der eine solche Ehrung bei der Lyra erhielt.
Er nahm danach auch regelmäßig weiter an den Singstunden teil, aber seine Erkrankungen machten es im Laufe der Jahre immer schwieriger für ihn. Und die Coronazeit war ganz bestimmt schlecht für ihn. So isoliert zu sein, von seiner Lyra, von seinen Quartettlern.
Karl-Heinz hatte in den letzten Jahren sein eigenes Ziel formuliert. Wenn er 80 würde, gäbe es ein großes Fest mit allen Sängern. „Lyra oder Seppich“ war sein Motto. Er meinte damit also entweder feiern wir ganz groß oder der Tod hat mich vorher geholt. Wir haben sein Spiel selbstverständlich ernsthaft mitgespielt. Uns allen war klar, dass dieses Motto ihm so lange Kraft geben würde, durchzuhalten, wie es eben halt gesundheitlich und psychisch ging. Das ist ja auch menschlich, und mehr als nur verständlich. Ohne jegliche Erwartungen oder Agenda drückten wir ihm alle die Daumen. Zu seinem 80. war dann eine Abordnung der Lyra bei ihm im Heim in Wilhelmsfeld zum einfachen, gemeinsamen Kuchenessen. Trotz allem – er laborierte an den Folgen eines Schlaganfalls – war es schön, ihn in der Runde zu sehen und sichtlich tat es ihm gut, dass so viele vertraute Gesichter da waren. Es war aber auch ersichtlich, dass es dem Ende zugehen würde. Der Gig hat das selbst mit einer Bemerkung festgestellt. Karl-Heinz „Gig“ Reinhard war uns allen in der Lyra ein guter Kamerad. Nicht nur, weil er zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk war. Er wird uns als Mensch fehlen. Und wir werden ihn in sehr guter Erinnerung behalten. Lieber Karl-Heinz, lieber Gig, vielen Dank für Dein Engagement im Chor und für Deinen Verein, vielen Dank für Dich. Vielen Dank.

