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Hans Pfitzner und die Disteln für Hagen – I

Da es mit der Platzbenennung von Anton Geis ein positives Signal zu Gunsten von wirklicher deutscher Demokratie und Republik in Schriesheim gibt, muss es ja geradezu zwangsläufig ein negatives Signal geben. Wenn wir so wollen, die Anti-These zur These.

Dies haben wir im Straßennamen von Hans Pfitzner. Bevor sich wieder alle künstlich aufregen – dies ist kein Plädoyer dafür, die Umbenennung der Straße wieder aufzugreifen. Meines Erachtens sollte der Straßenname als Mahnmal der irrlichternden deutschen Seele erhalten bleiben. Und uns ständig daran erinnern, zu welchen Irrationalismen unser Volk und unser Land in der Lage ist. Wenn Anton Geis mit seiner Resilienz und seiner persönlichen Entwicklung das Schöne und Positive der deutschen Seele repräsentiert, so ist Hans Pfitzner der Apologet des Verachtenswerten, der schlimmen seelischen und tatsächlichen Fehlentwicklungen. Diese Fehlentwicklungen werden nur dann begreifbar, wenn wir uns den Menschen und sein Werk direkt anschauen und versuchen, zu begreifen. Die Hans-Pfitzner-Straße wurde meines Wissens in den 1970er Jahren benannt.

Die Zeit der orangenen Krawatten und Kittelschürzen. Meryl Streep überzeugt mehr Millionen Deutsche von der Tatsächlichkeit des Holocaust durch ihre Titelrolle in der gleichnamigen Fernsehserie als jede Aufklärungskampagne. Zugleich sind die 70er Jahre der Tummelplatz unentwegter Reaktionäre, die Millionenseller schreiben; Ein Paul (Schmidt-)Carrell (SS-Obersturmbannführer a.D.) „gewinnt“ mit seinen Büchern immer noch den Zweiten Weltkrieg – zumindest „moralisch“ – nachträglich und hält mit seinen Thesen den „Ruhmesschild der Wehrmacht“ hoch: Die SS – fehlgeleitet.

Die Wehrmacht – wollte nur das Beste. Deutschland – hätte fast gewonnen. Holocaust – nicht der Rede wert. Verbrechen der Wehrmacht – gabs nicht. Hitler – an allem Schuld. Der Einzelne – konnte nix tun, hatte keine Verantwortung, war aber tapfer. Ein Joachim Fernau schrieb allerlei Geschichtsbetrachtungen. Seine bekanntesten Werke waren „Ave Cäsar“, „Rosen für Apoll“, „Disteln für Hagen“ „Hallelujah“ usw. Fernau folgte immer dem gleichen Muster: Es braucht per se einen starken Mann. Demokratische Mitbestimmung ist verächtlich. Die Rolle der Frau immer negativ. Und wenn nicht negativ, dann möglichst unterwürfig (er schrieb auch ein Sex-Buch). Früher war alles besser. Deutschland ist an nichts schuld. Wenn Deutschland doch an etwas schuld sein könnte, dann ist es vor allem Hitlers Schuld.

Alle sind gegen Deutschland. Der Holocaust ist eine Randnotiz. Trotz oder gerade wegen dieser Thesen wurde Joachim Fernau in den 70ern in allen Zeitungen als „temperamentvoller Konservativer“ gefeiert. Teil 2 folgt.

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