…des Menschen Wolf oder doch eher sein Kuschelbär?
Der englische Philosoph Thomas Hobbes war der Ansicht, dass „der Mensch des Menschen Wolf sei“ und daher von Grund auf schlecht, bösartig und gewalttätig. Hobbes war Zeitzeuge des Dreißigjährigen Krieges und des Englischen Bürgerkriegs. Man kann es ihm nicht verdenken. Putin und die Ukraine. Wissenschaft und Literatur hauten in dieselbe Kerbe. Das Stanford-Prison-Experiment schien Hobbes zu bestätigen. Die blutigen Weltkriege ebenso wie William Goldings „Der Herr der Fliegen“; in dieser literarischen Fiktion spaltet sich eine Gruppe auf einer Insel gestrandeter Kinder und führt Krieg.
Heute wissen wir, das Stanford-Experiment war grob manipuliert, in den Weltkriegen schossen gerade mal 10 % der US-amerikanischen Soldaten tatsächlich auf den Feind und nicht einfach daneben, wie die restlichen 90 %. Und das real stattgefundene „Verlassene-Kinder-auf-Insel“-Beispiel endete mit klarem Zusammenhalt, gemeinsamer Jagd, Lieder singen und Geschichten erzählen am Lagerfeuer. Als ein Junge sich das Bein brach, wurde der nicht ausgesetzt, sondern zum „König“ ernannt. Rücksichtnahme statt Ausgrenzung. Der Forscher Steven Pinker weist in seinem Buch „Gewalt“ nach, dass die Zahl der Verbrechen seit Jahrzehnten in der westlichen Welt rückläufig ist. Was wir im TV zu sehen bekommen, ist eine Fiktion, nämlich das genaue Gegenteil.
Die Realität des beingebrochenen „Königs“ ist die Realität vieler Vereine, in denen die Leute sich in der Tat nicht selten wegen Nichtigkeiten streiten, aber eben auch zusammenhalten. Als unser 1. Vorsitzender Peter Kraft schwer erkrankte, wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Wir wollten ihm jetzt zum 80. Geburtstag singen. Aber er erkrankte erneut. Also haben wir Lieder per Mobiltelefon aufgenommen, den Chor dabei gefilmt und ihm alles geschickt. Nicht zum ersten Mal übrigens. Sänger, die einfach nicht mehr die Kraft oder die Luft haben, im Chor mitzutun, werden nicht einfach verabschiedet. Sie sollen weiter kommen, einfach weiter mit dabei sein. Sehen, was sich tut. Wenn sie wollen, mit ihrer Erfahrung jüngere Sänger unterstützen. Die Welt ist nicht per se schlecht. Wahr ist, dass wir alle jeden Tag die Wahl haben, was wir tun oder nicht tun.
Vereine mögen spießig sein. Aber in Wahrheit sind es allwöchentliche Möglichkeiten, anderen ein bisschen Gutes zu tun. Wir retten die Welt nicht mit großen Absichtserklärungen, sondern nur in kleinen Schritten. Die wir auch selbst vollziehen können müssen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.
Bleiben Sie uns gewogen, besuchen Sie uns gerne im neuen Jahr, lassen Sie sich nicht unterkriegen, kleinreden und kleinhalten. In uns allen wartet ein guter Kern.