Das Aussterben der Pflanzen hatte auch das Aussterben von jagdbaren Säugetierarten zur Folge. Die erheblich stärkere Sonneneinstrahlung führte zu höheren Krebsraten und machte zudem Sonnenschutzmittel nötig. Die rot-ockerne Farbe der Finger- und Handabdrücke in den Höhlen könnte ein solcher Hautschutz gewesen sein. Auf der Südhalbkugel verlagerten sich dadurch die Monsunwinde, im Inneren von Australien trockneten die großen Seen aus, und auf der Nordhalbkugel wurde es erheblich kälter. Und vielleicht könnten auch die Neandertaler dem Laschamp-Ereignis von vor 42.000 Jahren zum Opfer gefallen sein. Und nur die besser angepassten Cro-Magnon-Menschen überlebten. Es starben viele Tierarten aus. Ein Polsprung wirkt sich indirekt auf die Navigationssysteme im Gehirn von Tieren aus, welche sich am Magnetfeld der Erde orientieren. Viele von ihnen, insbesondere Zugvögel und Meeressäuger, finden sich auf diese Weise während ihrer Wanderungen zurecht. Infolge von Abweichungen im Magnetfeld könnte es zu Verwirrung oder Schwierigkeiten bei der Navigation gekommen sein, die Tiere wurden fehlgeleitet. Weitere 500 Jahre blieben die Pole vertauscht. Doch das Magnetfeld war dann scheinbar schon wieder stark genug, um die Erde vor kosmischer Strahlung zu schützen. Und danach? Danach kehrten sich die Verhältnisse innerhalb von 250 Jahren wieder um – zu jenem relativ stabilen Zustand, den wir bis heute haben.
Es bleibt die Frage, warum haben Menschen in dieser unglaublichen Notlage gesungen, getanzt, geflötet, gemalt und sich Geschichten erzählt? Vielleicht gerade aufgrund dieser Ereignisse.
Ich denke nicht, dass die Menschen damals klüger oder dümmer waren als wir heute. Wie würden wir uns verhalten? 250 Jahre Chaos, Hunger, Not und die dauernde Ungewissheit, ob es nicht noch schlechter würde – 10 Generationen lang. Schauen wir uns selbst mal an. Welche Diskussionen wir führen würden. Die Höhle ist voll. Wir nehmen jeden in die Höhle auf. Ab sofort nur noch Fleisch in der Höhle. Oder ab sofort gar kein Fleisch mehr in der Höhle. Nur noch Gläubige in der Höhle. Wie schon erwähnt, gab es irgendwann nur noch 3.300 Menschen in ganz Mitteleuropa, die Leute müssen sich gegenseitig an die Gurgel gegangen sein. Irgendwann kam die Einsicht, dass es ein neues Miteinander braucht. Möglicherweise haben die schönen Künste dieses neue Miteinander mit sich gebracht, es überhaupt geschaffen. Die Not macht Menschen nicht besser, eher schlechter. Es war also sicherlich eine Herkulesaufgabe. Was haben diese Leute mit uns zu tun? Nun, es sind unsere Vorfahren. Zumindest von all diejenigen, deren Vorfahren schon seit Jahrhunderten in Mitteleuropa ansässig sind.
Letzter Teil folgt